Allgemeines zu Triebwagen bei der DRG/DRB

Die Zeit der DRG (1924-1937)


Poster DRG

Die DRG warb mit der Beschleunigung ihrer Fernzüge und peilte die 160 km/h-Marke an.

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er starke finanzielle Druck auf die DRG auf Grund der Reparationsleistungen an die Entente war enorm und wurde durch die Weltwirtschaftskrise in den 1920er-Jahren noch erhöht. Entsprechend stark waren die Anstrengungen der Verantwortlichen, Kosten zu sparen und technische Innovationen zu nutzen. Dabei rückte auch der verstärkte Bau von Triebwagen in den Fokus.

In den Bestand der DRG waren durch die Übernahme der Länderbahnen 14 Dampftriebwagen aus Württemberg und Bayern und eine größere Anzahl an Elektrotriebwagen aus Preußen (u.a. Speichertriebwagen und die Oberleitungs-Wechselstromzüge für den Hamburger Vorortverkehr) gelangt. Die Erfahrungen mit diesen höchst unterschiedlichen Fahrzeugen machte sich die Reichseisenbahn bzw. DRG zunutze. Noch 1922/23 entstanden die ersten elektrischen Gleichstromtriebwagen für die geplante Berliner S-Bahn, die nach dem Vorbild der dortigen U-Bahn über eine Stromschiene gespeist wurden. In den Folgejahren wurden S-Bahn-Züge für Berlin in mehreren Varianten und großen Stückzahlen in Dienst gestellt. Ganz gegensätzlich waren die Erfahrungen mit wenigen Motortriebwagen, die aus der Länderbahnzeit stammten und auf Grund ihrer Größe und Geschwindigkeit allenfalls auf Nebenstrecken zum Einsatz kamen: Sie galten bislang in technischer Hinsicht als unausgereifte und insgesamt wenig praxistaugliche Fahrzeuge, die zu hoher Schadanfälligkeit neigten. Erfolgversprechender waren hingegen die ersten benzolmechanischen Triebwagen, die ab 1921 bei DWK in Kiel für verschiedene Bahnbetriebe u.a. in den Niederlanden gebaut wurden.

1924 begann die DRG auch mit eigenen Versuchen an Triebwagen mit Vergaser- und Dieselmotoren, um Erfahrungen für eine einheitliche Beschaffung in größeren Serien zu erlangen. Neben dem Bau von weiteren Akkutriebwagen begann ab 1926 auch die Indienststellung weiterer, zunächst kleiner Serien elektrischer Triebwagen für das mittlerweile sich ausbreitende 15 kV 16 2/3 Hz-Netz, die 1933 in den neuen Vororttriebzügen für Stuttgart einen ersten Höhepunkt fanden. Bei den Motortriebwagen setzte sich ab 1932 der Dieselmotor zunehmend durch, gleichzeitig gelang der DRG ein weiterer Durchbruch: Mit dem »Fliegenden Hamburger« etablierte die DRG den Triebwagen auch für den Schnellverkehr, der bislang der Dampflok vorbehalten war.

Ab 1931 wurden keine Reparationsleistungen mehr abgeführt, doch der Kostendruck bei der Reichsbahn blieb. In einer außerordentlichen Verwaltungsratssitzung der DRG am 29. Mai 1934 wurde ein umfangreiches Triebwagenprogramm beschlossen. Das erklärte Ziel der Verantwortlichen war es, im Hinblick auf Einsparungspotenziale sämtliche Personenzugleistungen auf Haupt- und Nebenbahnen auf Triebwagenbetrieb umzustellen und lokbespannte Züge auf Fernpersonen- und Schnellzüge zu beschränken. Rund die Hälfte der damals vorhandenen 60.000 Reisezugwagen sollten auf diese Weise ersetzt werden. Die dadurch erzielten Ersparnisse wiederum waren für eine allgemeine Verkehrsverdichtung auf dem gesamten DRG-Streckennetz vorgesehen. Diese hochgesteckten Ziele waren aber angesichts schwieriger finanzieller Verhältnisse und der allgemeinen einsetzenden Aufrüstung reine Illusion.

In der Zwischenzeit hatten DRG und Industrie enorme technische Fortschritte erlangt. Die nun Einzug haltende Schweißtechnik sowie immer kleiner und leistungsfähiger werdende Elektro- und Verbrennungsmotoren machten immer effizenter werdende Fahrzeuge möglich. Ab 1934 gelang es der DRG, bereits größere Serien weitgehend vereinheitlichter Elektro- und Dieseltriebwagen für den Nah- und Eilzugverkehr in Dienst zu stellen. Ab 1936 sorgte die nun serienreife dieselhydraulische Kraftübertragung für einen weiteren Durchbruch. Schon seit 1935, dem 100jährigen Bestehen der deutschen Eisenbahnen, waren mehrere größere Serien an Triebwagen und Triebwagenzügen entstanden, die nicht nur dem Regionalverkehr, sondern in steigendem Umfange auch dem prestigeträchtigen Schnellverkehr dienten. Neben mehreren Diesel-Schnelltriebwagen waren das auch drei elektrische Fernschnelltriebzüge.

Dennoch scheute die DRG nicht den Bau von diversen Versuchsfahrzeugen für unterschiedliche Antriebsarten oder Ausrüstungen, um Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Praxistests durchzuführen. Triebwagen mit Vergasermotoren wurden ebenso wie Speichertriebwagen nicht mehr beschafft, dafür aber versuchsweise weitere drei Dampftriebwagen.

Die Zeit der DRB (1937-1949)

Im Februar 1937 änderte sich die Rechtsform der Deutschen Reichsbahn: Die Reichsbahn wurde wieder an den Staat angegliedert und wurde zum Sondervermögen des Deutschen Reiches. Die DRG wurde zu einem Zeitpunkt aufgelöst, als sich der Triebwagenbau in Deutschland auf seinem Höhepunkt befand. 1935/36 waren sowohl bei den Elektro- als auch den Dieseltriebwagen für den Regional- und Eilverkehr die Wagengrundrisse bereits weitgehend vereinheitlicht.

Die »Verreichlichung« der Reichsbahn diente Hitler in erster Linie dem Zweck der weitergehenden Kriegsvorbereitung Nazideutschlands. Aus diesem Grund brach unter der DRB-Regie* die Weiterführung der unter der DRG begonnenen Entwicklungen im Triebwagenbau weitgehend ab. Zwar wurden zwischen 1937 und 1941 noch zahlreiche Triebwagen ausgeliefert, doch handelte es sich größtenteils um Konstruktionen, die noch bis 1936/37 auf den Zeichentischen der DRG entstanden waren.

Dazu gehörten neben den elektrischen Einheits-Eiltriebwagen (1301 ff, 1801 ff) und der 2. Bauserie der Stuttgarter Vorortbahnwagen (1218-1221) vor allem über 50 zweiachsige Nebenbahndieseltriebwagen mit 80 zugehörigen Beiwagen (CPwvT-34, CPostv-35/36) sowie die größtenteils bereits dieselhydraulisch ausgeführten und erfolgreichen Einheitstriebwagen der Gattung BCPw4itrvT-35/-36/-37 und BCtrPwPost8vT-36 (u.a. Bauarten »Stettin« und »Ruhr«). Im Bereich der Fernschnelltriebwagen wurden noch Konzepte zur Kapazitätserweiterungen durchgeplant, die in die Konstruktion der Bauarten »Köln« und »Berlin« mündeten. Hier wurde dem dieselektrischen Antrieb weiter der Vorzug gegeben.

Ganz dem Zeitgeist entsprechend, entstanden zwischen 1935 und 1939 auch fünf vierachsige »Gläserne Züge« für den Ausflugsverkehr mit Rundumverglasung, von denen zwei für elektrischen Betrieb gefertigt wurden.

Die Triebwagenproduktion endete abrupt 1940, bis dahin noch nicht ausgelieferte Bestellungen – sofern nicht kriegswichtig – wurden wegen des fortschreitenden Krieges und der veränderten Prioritäten bei der Industrie storniert oder mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung ausgeliefert.

In Folge der Kriegsereignisse 1939-1945 ging ein beträchtlicher Teil der Triebwagen durch Bombentreffer, Verbrennung etc. verloren, war nach Kriegsende nicht mehr verwendbar oder schlichtweg nicht mehr auffindbar. Soweit sie noch reparaturfähig waren, wurden sie aufgearbeitet und oftmals noch über viele Jahre hinweg eingesetzt. Ein Teil der Fahrzeuge war über ganz Europa verstreut und ging in das Eigentum der jeweiligen Bahnverwaltungen, bei denen sie aufgefunden wurden, über. Durch die Abspaltung und Neugründung der österreichischen Staatsbahn im April 1945 verblieben die ehemaligen BBÖ-Fahrzeuge größtenteils in Österreich.  MWD

*) Im Triebwagenarchiv wird die Reichsbahn der nun anbrechenden Kriegsepoche konsequent als "DRB" abgekürzt.