VT 95 | VB 142

VT 95 905. Foto: H. Ott
Prototyp VT 95 905 mit kurzem Achsstand in Garmisch-Partenkirchen (1950).
795 240-1. Foto: M. Werning
VT 95 9240 aus dem zweiten Baulos mit Panoramafenstern und nachträglich angebrachtem dritten Spitzenlicht (Bochum, 1985). Fotos: H. Ott (Archiv Werning), Malte Werning

Auf die außerordentlich schlechte wirtschaftliche Situation 1949 reagierte die gerade erst gegründeten Deutschen Bundesbahn mit der Beauftragung der Waggonfabrik Uerdingen, einen leichten, robusten und sehr kostengünstigen Dieseltriebwagen für den Einsatz auf Nebenstrecken zu entwickeln. »Schienenbusse« gab es bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mit gewissen Erfolgen bei zahlreichen Privatbahnen. Die DB wollte bei der Neukonstruktion auf die Erfahrungen mit diesen sehr leichten und einfachen Fahrzeugen aufbauen.

Die Waggonfabrik Uerdingen baute 1950 und 1951 zunächst zwölf Prototypen, die bei der DB ausgiebig getestet wurden. Die ersten elf Wagen wurden mit einem kurzen Achsstand von nur 4.500 mm ausgeliefert und als VT 95 901 bis VT 95 911 bezeichnet. Sie besaßen eine Länge über Kupplung von 10.650 mm und boten 41 Sitz- und 13 Klappsitze. Das wurde allgemein jedoch als zu gering empfunden, der elfte Wagen VT 95 911 besaß bereits eine geänderte Raumaufteilung und als erster Wagen zwei Falttüren je Wagenseite. Bei ihm erhöhte sich die Zahl der Spitzplätze auf 46, die der Klappsitze reduzierte sich jedoch auf 3. Als Besonderheit gelangte dieser Wagen zu den noch nicht vollständig in die DB integrierten Südwestdeutschen Eisenbahnen (SWDE). Alle Wagen wurden unterflurig mit 81 kW-Büssing-Motoren ausgestattet.

Zu den Triebwagen gesellten sich 1950 auch sechs Beiwagen mit gleichen Grundabmessungen, die als VB 140 701 bis VB 140 706 eingereiht wurden und über eine leichte Lkw-Kupplung mit den Triebwagen verbunden wurden.

Versuchsweise wurde im November 1950 ein zwölfter Triebwagen, VT 95 912, ausgeliefert, der nun eine Länge über Kupplung von 13.150 mm besaß und mit 51 Sitzplätzen und 8 SKlappsitzen aufwarten konnte. Allerdings verlangte der auf 6.000 mm verlängerte Achsstand eine Ausnahmegenehmigung, die erst nach umfangreichen Tests im Dezember 1950 dauerhaft erteilt wurde.

Ab 1952 begann die Serienlieferung der Fahrzeuge, die im Wesentlichen auf dem VT 95 912 basierte, nun aber eine komplette Überarbeitung des Wagenkastens mit einer deutlich stärker gerundeten Stirnfront nach sich zog. Bei den Triebwagen konnte Dank des verlängerten Achsstands nun eine zweite Tür pro Wagenseite und 56 Sitzplätze im Fahrgastraum vorgesehen werden. Die bisherigen Schiebetüren wurden durch Falttüren ersetzt. Neben den 60 bei Uerdingen bestellten Serien-VT 95 wurden bei Orion in Eschwege 50 »Anhänger« bestellt. Bei den Beiwagen blieb der Achsstand auf die bisherigen 4.500 mm begrenzt, damit die VT+VB-Garnitur auf einer 20-Meter-Drehscheibe gewendet werden konnte. Die Beiwagen besaßen einen Gepäckraum, der durch eine Wand vom Fahrgastraum getrennt blieb. Die Triebwagen erhielten die Nummern VT 95 913 bis VT 95 972 und die Beiwagen die Nummern VB 140 707 bis VB 140 756.

Die Beschaffung weiterer Baulose wurde vorbereitet, und schon stand die DB vor einem »Nummern-Problem«: Die Nummerngruppe reichte nur noch bis zum VT 95 999, doch einen VT 95 1000 sollte es per definitionem nicht geben. Zum 1. September 1952 bestimmte die DB, dass alle VT 95 der langen Ausführung – also abgesehen von den kurzen Prototypen – durch die Ergänzung der Ziffer „1“ eine vierstellige Ordnungsnummer erhalten. So wurde aus dem VT 95 912 der VT 95 9112. Der als VT 95 987 vorgesehene Wagen soll bereits als VT 95 9187 die Werkhallen in Uerdingen verlassen haben. Auch bei den Beiwagen gab es Umzeichnungen. Die bisher als VB 140 701 bezeichneten Wagen wurden 1953 als VB 142 mit der Ordnungsnummer 001 beginnend vollständig neu durchnummeriert. Die eigentlich naheliegende Bezeichnung VB 95 wurde nie verwendet.

In mehreren Baulosen wurden bis September 1955 insgesamt 557 Serien-VT und 563 Serien-Beiwagen an die DB geliefert. An der Lieferung der Wagen waren nur die Hersteller Uerdingen und MAN beteiligt. Weitere 15 Wagen wurden von den 1952 noch selbständigen Eisenbahnen des Saarlandes (EdS) bestellt, die von Lüttgens in Lizenz mit einem Berliet-Motor gebaut wurden, aber erst zum Zeitpunkt der Eingliederung der Saarbahnen in die DB ausgeliefert wurden. Diese Fahrzeuge wurden als VT 95 9901 bis VT 95 9915 in einer eigenen Nummerngruppe sortiert. Die zwölf zugehörigen Beiwagen wurden im Anschluss an die DB-Auslieferung als VB 142 570 bis VB 142 581eingereiht.

1952 wurden speziell für die VT 95 insgesamt 57 einachsige Anhänger für den Fahrradtransport gebaut, die als VB 141 200 bis VB 141 256 eingereiht wurden. Diese Anhänger werden hier separat aufgeführt.

Als weitere Besonderheit wurde 1955 der »ultraleichte« Beiwagen VB 142 901 mit einem Gewicht von nur 6,5 Tonnen ausgeliefert. Dieser Beiwagen besaß abweichend einen Achsstand von 6 Metern. VB 142 554 wurde 1964 mit gewöhnlichen Zug- und Stoßvorrichtungen versehen und diente daraufhin als VB 97 001 zur Verstärkung der Zahnradschienenbusse.

Bis Ende 1967 waren neben den Prototypen VT 95 901 bis VT 95 911 und VT 95 9112 die 28 Serienwagen 9141, 9151, 9170, 9183, 9185, 9188, 9190, 9202, 9203, 9213, 9216, 9222, 9237, 9243, 9244, 9249, 9263, 9279, 9287, 9325, 9367, 9403, 9423, 9501, 9524, 9587, 9602 und 9907 unfallbedingt oder bereits mangels Bedarf abgestellt.

Zum 1. Januar 1968 wurden alle verbliebenen 528 Triebwagen zur Baureihe 795 und 520 Beiwagen zur Baureihe 995 zusammengefasst.

Aufgrund der Menge an Fahrzeugen haben wir die Fahrzeuglisten getrennt. Sie sind über die Links in der linken Menüspalte oder hier zu finden:

  • die Triebwagen VT 95 901 bis VT 95 912, VT 95 9113 bis VT 95 9669 und VT 95 9901 bis VT 95 9915
  • die Beiwagen VB 142 001 bis VB 142 581 und VB 142 901

Text: © Malte Werning

Quellen und Literatur

  • Ebel, Jürgen-Ulrich / Högemann, Josef / Löttgers, Rolf: Schienenomnibusse aus Uerdingen. Bd 1: Technik und Geschichte bei DB, Privatbahnen und im Ausland. Freiburg 2001.
  • Ebel, Jürgen-Ulrich / Högemann, Josef / Löttgers, Rolf: Schienenomnibusse aus Uerdingen. Bd 2: Einsatzgeschichte der Baureihen VT 95, VT 97 und VT 98. Freiburg 2002.
  • Kabelitz, Andreas / Werning, Malte: VT 95-98 – Der Uerdinger Schienenbus. Eisenbahn-Journal Sonderausgabe 1/2012. Fürstenfeldbruck, 2012
  • Krantz, Jürgen / Meier, Roland: Baureihen VT 95-VT 98 - Die Schienenbusse der Deutschen Bundesbahn. Stuttgart 2002.
  • Löttgers, Rolf: Der Uerdinger Schienenbus. Nebenbahnretter und Exportschlager. Stuttgart 1985.
  • Löttgers, Rolf: „Waschbrett-Brummer“. Der VT 95 9176. In: Lok-Magazin 237 (2001)
  • Werning, Malte (Hrsg.): Schienenbusse – VT 95-VT 98: Triebwagen-Veteranen der 50er Jahre. München 2001.
  • Werning, Malte: VT 95 der Bundesbahn: Der Einmotorige. In: Lok-Magazin 507 (2023).