Triebwagentypen der Gothaer Waggonfabrik
In dem Reigen der Triebwagenhersteller der erste Hälfte des 20.Jahrhunderts spielte die Gothaer Waggonfabrik anfangs eher eine kleine Rolle. Die 1883 gegründete Schlosserei widmete sich anfangs dem Karussellbau und nahm erst später Eisenbahnwagen ins Portfolio auf. Ab 1898 wurden Straßenbahnwagen produziert, wodurch das Unternehmen später eine größere Bekanntheit erlangte. Auch Flugzeuge wurden gebaut.
1910 folgte die Umbenennung in Gothaer Waggonfabrik AG (GWF). In den 1920er-Jahren wurden weiter Güterwagen, Straßenbahnwagen sowie Lastwagen-Anhänger gebaut, außerdem einige wenige Benzoltriebwagen, die auch an die DRG ausgeliefert wurden:
Fabriknummer | Betreiber | Fahrzeugnummer | Baujahr | Achsfolge | Bauart | |||||||
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5 Fahrzeuge | |||||||||||
? | Gotha | 1924 | 1A-bm | ||||||||
25453 | DRG | Erfurt 101 | 1926 | A1-bm | |||||||
25454 | DRG | Erfurt 102 | 1926 | A1-bm | |||||||
25456 | DRG | Erfurt 103 | 1926 | A1-bm | |||||||
? | DRG | Erfurt 104 | 1926 | A1-bm |
In Bezug auf die Fabriknummern ist keine eindeutige Systematik erkennbar.
Ab 1921 versuchte sich das Unternehmen auch als Autoproduzent, rutschte aber tief in die Verlustzone. Immerhin konnten ab 1929 U-Bahn-Wagen nach Berlin verkauft werden.
Im Mai 1930 übernahm die Berliner Maschinenbaufirma Orenstein & Koppel AG (O&K) die Mehrheitsanteile der Gothaer Waggonfabrik. Hintergrund war, dass der Branchenverband der seit Mitte der 1920er-Jahre krisengebeutelten Waggonindustrie eine Quotenregelung mit der DRG vereinbart hatte, nach denen Aufträge vergeben wurde. Durch die Übernahme des Gothaer Werks konnte O&K seine Quote erhöhen. Im März 1930 wurde ebenso mit der Dessauer Waggonfabrik AG verfahren. Sowohl das Dessauer als auch das Gothaer Werk blieben aber als AG selbständig und als Zweigwerke unter dem O&K-Mantel erhalten.
Ähnlich wie Wismar und WUMAG begann O&K um 1932 mit Entwürfen für leichte Dieseltriebwagen. Mit diesen – dank serienreifen Dieselmotoren und moderner Schweißtechnik – vielversprechenden und vergleichsweise günstigen Fahrzeugen sollte Privatbahnen ein attraktives Angebot gemacht werden, die unter dem Zwang zur Rationalisierung und Einsparung von Betriebskosten standen.
Die O&K-Entwürfe wurden sowohl für Regel- als auch Schmalspur ausgeführt. An den Fahrzeugenden wurden jeweils Klapptüren vorgesehen, für die die Wagenkästen zu den Fronten stark verjüngt wurden. Gemeinsam mit den markanten »Stielleuchten« hatten die Fahrzeuge der Baujahre 1933/34 ein prägnantes Erscheinungsbild. Die Fahrzeuge nach diesen Grundrissen wurden sowohl in Dessau als auch in Gotha gefertigt, so dass sich die Leichttriebwagen beider Hersteller in diesen beiden Jahren weitgehend glichen.
In Gotha blieb es bei der Fertigung dieser Produktionslinie. Dabei entstanden neben acht regelspurigen Leicht-VT zwischen1934 und 1941 auch die größte Triebwagenserie für eine deutsche Schmalspurbahn, nämlich die T 1 bis T 8 der Mittelbadischen Eisenbahn (MEG). Während in Dessau aber nach 1934 auch noch verschiedene weitere Typen für den Privatbahnmarkt gefertigt wurden, blieb es in Gotha bei diesen 16 Triebwagen.
Nach 1945 wurde das Werk als VEB Waggonbau Gotha in der DDR fortgeführt und entwickelte vor allem Straßenbahnfahrzeuge.
Regelspur (1435 mm)
Schmalspur (1000 mm)
Text: © Malte Werning
Quellen und Literatur
- Dietz, Günther / Winkler, Dirk: Verbrennungstriebwagen der Deutschen Reichsbahn sowie zugehörige Bei- und Steuerwagen. Band 1. München 2021.
- Löttgers, Rolf: Die schmalspurigen Verbrennungstriebwagen der Waggonfabrik Dessau. In: Die Museumseisenbahn 3/2019.
- Menges, Hans-Dieter, Jeanmaire, Claude: Mittelbadische Eisenbahnen. Von der Straßburger und Lahrer Straßenbahn zur Mittelbadische Eisenbahn AG. Villigen (CH) 1974.
- Molz, Roland: Wilde Zeiten: wie kamen der T 7 und der T 13 zur Selfkantbahn? In: Die Selfkantbahn 2-3/1998.
- Molz, Roland: Der Triebwagen T 7 und seine Schwesterfahrzeuge. In: Die Selfkantbahn 2-3/1998.