Triebwagentypen von Auwärter
Die Firma Gottlob Auwärter aus Stuttgart-Möhringen nimmt unter den Triebwagenherstellern in dieser Rubrik eine Sonderrolle ein. Bei der 1935 gegründeten Gottlob Auwärter GmbH & Co. KG handelt es sich um keine klassische Waggonbaufabrik für Eisenbahnfahrzeuge, sondern um einen Karosseriebauer. Auwärter stellte in erster Linie Omnibus- und Kastenaufbauten und Führerhäuser für Lastwagen-Fahrgestelle her. Nach dem Zweiten Weltkrieg firmierte das Unternehmen als Gottlob Auwärter Karosserie- und Fahrzeugbau KG. 1953 baute Auwärter unter dem neuen Markennamen »Neoplan« seinen ersten selbsttragenden Omnibus. Der Bus wurde nicht mehr auf einem Fahrgestell eines Fremdfabrikats aufgebaut. 1954 begann der Serienbau der selbsttragenden Neoplan-Busse mit verschiedenen Motoren-Typen.
Fahrzeuge anderer Hersteller, die von Auwärter einen neuen Wagenkasten erhielten
1953 übernahm die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) einen 1934 gebauten Gotha-Triebwagen von der Kleinbahn Neheim-Hüsten-Sundern, der zu diesem Zeitpunkt aufgearbeitet werden musste. Zu diesem Zeitpunkt hatte die WEG bereits enge Kontakte mit Auwärter geknüpft, die Aufbauten für vorhandene Omnibusfahrgestelle geliefert hatten. Gemeinsam entstand die Idee, auch Eisenbahnfahrzeuge mit neuen Wagenkästen zum gegenseitigen Nutzen zu modernisieren. Die WEG konnte dabei durch die Materialbereitstellung des Fahrwerks und erheblicher Eigenleistung ein fast neuwertiges Fahrzeug erhalten, während Auwärter eine gewisse Auftragsflaute durch die Reisebusunternehmen im Herbst und Winter kompensieren konnte. Auch bei den Aufbauten der Schienenfahrzeuge griff Auwärter auf zahlreiche Elemente aus dem laufenden Omnibusbau zurück. Teilweise wurden auch sehr moderne Elemente aus dem Flughafenbusbau verwendet, wie zum Beispiel die seinerzeit noch unüblichen Außenschwenktüren.
Mit dem bereits erwähnten Gotha-Triebwagen, der um 1954 auf diese Weise modernisiert wurde, stand der WEG nun ein modern wirkender Verbrennungstriebwagen zur Verfügung, der bei der WEG noch zwanzig weitere Jahre im Einsatz stehen sollte. Die Arbeiten an dem Fahrzeug zogen sich hin, er wurde erst im Sommer 1956 zugelassen. Ebenfalls 1954 begann Auwärter mit dem Neuaufbau zweier Beiwagen für die meterspurige Härtsfeldbahn des WEG-Schwesterunternehmens Wüna (Württembergische Nebenbahnen AG, später WNB). Während die ersten Fahrzeuge zunächst einen Aufbau wie ein Triebwagen – geschlossene Wagenenden und Mitteleinstiege – erhielten, wurden ab 1958 erstmalig auch Fahrzeuge mit Übergangsmöglichkeit zum nächsten Fahrzeug und Falttüren an den Wagenenden gebaut. Bei den Wagenübergängen wurden dabei analog zum seinerzeit auf Hochtouren laufenden DB-yg-Umbauprogramm Gummiwulstübergänge mit Rolläden verbaut. Der Übergang von einem klassischen Triebwagenanhänger zu einem Personenwagen war dabei fließend – wir haben uns dennoch dazu entschlossen, alle Fahrzeuge in die untenstehende Liste aufzunehmen, auch wenn es sich im Einzelfall nicht mehr um einen klassischen Beiwagen handelt. In der Praxis wurden die Wagen ohnehin gemeinsam mit Triebwagen eingesetzt. Der WEG gelang es, mit einigen der Fahrzeugen ein geschlossenes Zugbild mit Durchgangsmöglichkeit zu erreichen.
Bemerkenswert ist, dass neben der WEG und der Wüna auch noch die anderen baden-württembergischen Bahnen Kunden bei Auwärter wurden: Neben der Deutschen Eisenbahnbetriebs-Gesellschaft (DEBG) und ihrem Nachfolgeunternehmen SWEG ließ auch die MEG (Mittelbadische Eisenbahn, später ebenfalls SWEG) bei der Stuttgarter Karosseriefirma zwei betagte Personenwagen mit einem neuen Aufbau versehen. Die beiden MEG-Beiwagen B 36 und B 37 wurden im Jahre 1970 ausgeliefert und waren zugleich die letzten beiden Eisenbahnfahrzeuge, für die Auwärter neue Wagenkästen erstellte.
In der nachfolgenden Liste tauchen auch zwei Neubautriebwagen von Gmeinder aus dem Jahr 1968 auf, bei dem der Mosbacher Hersteller das Fahrwerk lieferte und Auwärter die Aufbauten. Bei diesen Fahrzeugen näherte sich Auwärter besonders stark an das klassische Design der Fuchs-Triebwagen an.
Hersteller (mech.) | Fabriknummer | Baujahr | Betreiber | Fahrzeugnummer | Achsfolge | Bauart | ||||||
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32 Fahrzeuge | |||||||||||
Gotha (Gotha) | 28058 | 1934 | WEG | T 02 | A1-dm | ||||||
Herbrand (Cöln) | ? | 1901 | Wüna | TA 101 | 2'2' | ||||||
Herbrand (Cöln) | ? | 1901 | Wüna | TA 103 | 2'2' | ||||||
Herbrand (Cöln) | ? | 1906 | WEG | VB 122 | 2'2' | ||||||
SIG (Neuhausen) | ? | 1889 | WEG | B 6 | 3 | ||||||
SIG (Neuhausen) | ? | 1889 | WEG | B 7 | 3 | ||||||
ME (Esslingen) | 8786 | 1908 | Wüna | VB 201 | 2 | ||||||
Herbrand (Cöln) | ? | 1906 | Wüna | VB 202 | 2'2' | ||||||
ME (Esslingen) | 8157 | 1899 | Wüna | VB 203 | 2 | ||||||
ME (Esslingen) | 8781 | 1908 | Wüna | VB 204 | 2 | ||||||
ME (Esslingen) | 8785 | 1908 | Wüna | VB 206 | 2 | ||||||
Wismar (Wismar) | 20279 | 1937 | WEG | T 34 | (1A)'(A1)'-dm | ||||||
ME (Esslingen) | ? | 1906 | DEBG | B 118 | 2 | ||||||
Fuchs (Heidelberg) | ? | 1906 | DEBG | B 120 | 2 | ||||||
ME (Esslingen) | 8208 | 1900 | WEG | B 101 | 2 | ||||||
Goossens (Eschweiler) | 12121 | 1892 | WEG | B 102 | 2 | ||||||
MAN (Nürnberg) | 64767 | 1905 | WEG | B 103 | 2 | ||||||
MAN (Nürnberg) | 64791 | 1905 | WEG | B 104 | 2 | ||||||
MAN (Nürnberg) | 72957 | 1908 | WEG | B 105 | 2 | ||||||
MAN (Nürnberg) | 64768 | 1905 | WEG | B 106 | 2 | ||||||
MAN (Nürnberg) | 61618 | 1903 | WEG | B 107 | 2 | ||||||
Wismar (Wismar) | 20233 | 1934 | Wüna | T 33 | B'2'-dm | ||||||
Fuchs (Heidelberg) | ? | 1914 | SWEG | B 113 | 2 | ||||||
ME (Esslingen) | 15997 | 1922 | SWEG | B 116 | 2 | ||||||
Rastatt (Rastatt) | ? | 1920 | SWEG | B 117 | 2 | ||||||
ME (Esslingen) | ? | 1922 | SWEG | BD 16 | 2 | ||||||
SIG (Neuhausen) | ? | 1892 | Wüna | TA 253 | 3 | ||||||
SIG (Neuhausen) | ? | 1889 | Wüna | TA 254 | 3 | ||||||
Gmeinder (Mosbach) | 5442 | 1968 | WEG | T 23 | AA-dh | ||||||
Gmeinder (Mosbach) | 5443 | 1968 | WEG | T 24 | AA-dh | ||||||
Gastell (Mainz) | ? | 1926 | MEG | 36 | 2 | ||||||
Gastell (Mainz) | ? | 1926 | MEG | 37 | 2 |
Fahrzeuge, bei denen Auwärter als Hersteller gilt
Nachdem die Heidelberger Firma Fuchs ab 1957 trotz großen Interesses seitens der WEG keine weiteren Verbrennungstriebwagen mehr baute, sprang auch hier Auwärter ein und lieferte neben den Aufbauten auch die Chassis für die Fahrzeuge – hier gilt Auwärter als Hersteller des Gesamtfahrzeugs mitsamt des Fahrwerks als Identitätsträger. Insgesamt zehn Wagen entstanden auf diese Weise 1963 und 1964, die mehrheitlich an die moderne Optik der Fuchs-Triebwagen von 1956 angelehnt wurden. In der verfügbaren Literatur gibt es teilweise große Unterschiede, was das Baujahr angeht. Es dürfte aber sicher sein, dass sich die Endfertigung der Fahrzeuge bei der WEG je nach Werkstattkapazitäten über einen längeren Zeitraum hinstreckte, teilweise über mehrere Jahre. So wird für den T 01 der WNB (2. Besetzung) auch häufig das Baujahr 1969, das Jahr seiner Indienststellung, angegeben. Auch bei dieser Liste sind die Fahrzeuge – soweit bekannt - in der Reihenfolge ihrer Fertigung aufgeführt.
Baujahr | Betreiber | Fahrzeugnummer | Fahrzeugtyp | Gattung | Skizzenblatt | Achsfolge | Bauart | ||||||
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10 Fahrzeuge | |||||||||||
1963 | Wüna | VS 207 | B | 2 | |||||||
1963 | Wüna | VS 208 | B | 2 | |||||||
1963 | Wüna | VS 209 | B | 2 | |||||||
1963 | WEG | VS 108 | B | 2 | |||||||
1963 | WEG | VB 109 | B | 2 | |||||||
1963 | WEG | T 09 | B | AA-dh | |||||||
1963 | WEG | VS 150 | B | 2 | |||||||
1963 | WNB | T 01" | B | AA-dh | |||||||
1964 | WEG | VS 111 | B | 2 | |||||||
1964 | WEG | VB 112 | B | 2 |
Text: © Malte Werning
Quellen und Literatur
- Kelm, Michael: Neoplan auf Schienen. Die Auwärter-Trieb- und Beiwagen. Erfurt 2019.